Maria Himmelkönigin - führ auch uns zu Jesus hin!

 Die große Frankreich-Fahrt, Tour de France genannt, zählt zu den bedeutendsten Radrennen der Welt. Es erstreckt sich, in einundzwanzig Teilstücke zerlegt, über fast fünftausend Kilometer und wird ... alljährlich im heißen Juli ausgetragen... Die Härte des Rennens bringt es allerdings mit sich, dass die Zahl der Teilnehmer von Tag zu Tag geringer wird und dass sich der Abstand bei denen, die durchhalten, immer mehr vergrößert, bis endlich der Sieger, von Tausenden umjubelt, am Ziel in Paris anlangt.
Zweimal, 1938 und 1948, war der Sieger ein Italiener, Gino Bartali mit Namen, ein Mann, der nicht nur durch sein sportliches Können, sondern auch in einer anderen Hinsicht angenehm auffiel.
Schon der Grund, warum Bartali 1938 an der Fahrt teilnahm, ist beachtenswert, denn er wollte durch den Gewinn des nicht unbedeutenden Rennpreises seinen Eltern, die in ärmlichen Verhältnissen lebten, Hilfe bringen. Es kam hinzu, dass sich der junge Mann auch im Sportdress auf beispielhafte Weise öffentlich als Katholik betätigte. Allen zur Schau trug er eine geweihte Medaille auf der offenen Brust. Fuhr er an Wegkreuzen vorbei, so machte er, wenn es das Rennen zuließ, regelmäßig das Kreuzzeichen, und während sich die Mitfahrer jeden Tag bis kurz vor dem neuen Start ausruhten, hatte er unterdessen, auch an den Werktagen, bereits der heiligen Messe beigewohnt.
Gleich nach dem Siege tat dann Bartali etwas, was ihn als einen vornehmen Marienverehrer kennzeichnet. Wie es bei dieser Gelegenheit üblich ist, wurde er beim Eintreffen am Ziel mit Blumengeschenken überschüttet. Er aber brachte die Blumen zur nächsten Kirche, legte sie dort als Ausdruck seines Dankes auf den Marienaltar nieder und kniete betend noch ein Weilchen vor dem Bilde der Mutter Gottes. In der ersten Siegesfreude schenkte er seine Ehre derjenigen, der in Freud und Leid das Herz eines jeden wahrhaften Katholiken gehört.
Bartali, junger Mann, das hast du gut gemacht! Erst gabst du frisch und frei der Welt ein leuchtendes Beispiel katholischen Auftretens auch im Sportdress, und dann wiesest du in einzigartiger Weise die Menschen auf diejenige hin, der du, wie du wohl nicht zu Unrecht annahmst, den Sieg verdanktest.
Das hat der junge Italiener wirklich gut gemacht, denn in seinem Verhalten liegt ein noch weit tieferer Sinn, als es auf den ersten Blick erkennbar ist. Es gibt nämlich noch ein anderes Rennen, ein Rennen, das sich über Jahre und über Jahrzehnte erstreckt, das zuweilen zum Verzweifeln mühsam ist und an dem trotzdem ein jeder teilnehmen muss. Es ist das Rennen des Christen um den Siegespreis der ewigen Seligkeit.
Die Härte dieses Ringens schildert aus eigener Erfahrung der heilige Apostel Paulus auf unübertroffene Weise im 2. Korintherbrief (Il. 23 - 27), wo er schreibt:
»Vielerlei Mühseligkeiten habe ich erduldet, öfter Gefängnisse, Misshandlungen über die Maßen, häufige Todesgefahren. Von den Juden habe ich fünfmal die vierzig Hiebe weniger einen bekommen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden. Dreimal habe ich Schiffbruch gelitten. Eine Nacht und einen Tag trieb ich auf hoher See umher. Dazu eine große Zahl von Wanderungen, Gefahren durch die Flüsse, Gefahren von Räubern, Gefahren von meinem eigenen Volke, Gefahren von den Heiden, Gefahren in der Stadt, Gefahren in der Wüste, Gefahren auf dem Meere, Gefahren vor falschen Brüdern, Mühsale und Beschwerden, gar viele durchwachte Nächte, Hunger und Durst und viele Fasten in Kälte und in Blöße.«
So beschreibt der heilige Paulus sein eigenes Rennen und Ringen um den Siegespreis der ewigen Seligkeit, und in veränderter Form gilt das, was er sagt, mehr oder weniger von einem jeden Menschen. Hart ist der Kampf um das Glück der Ewigkeit, den ein jeder bestehen muss. Maria aber hilft all denen, die sie darum anflehen, bei diesem Rennen und erst recht bei diesem Rennen zum Siege. Nichts tut sie lieber als das, denn als der Mutter der Erlösten ist es ihr Amt und ihre Aufgabe, die Menschen zu unserem Erlöser und über den Erlöser in den Himmel zu bringen.
In dieser Sicht ist ein Wort des heiligen Alfons von Liguori gar sehr verständlich, der des öfteren den Ausspruch tat, dass ein eifriger Marienverehrer nicht auf ewig verloren gehe. So ist es in der Tat, denn alle Verehrung, die einer Maria erweist, wandelt sie um in Gnaden, die sie ihm von Gott erfleht, damit er im Rennen des Lebens Sieger bleibe und den Preis der ewigen Seligkeit erringe. Dass der Weg zum Himmel über Christus und der Weg zu Christus über Maria führt, ist katholische Überzeugung von alters her. Maria führt ihre Verehrer zu Christus hin, und alle Hilfe, die sie uns angedeihen lässt, läuft letzten Endes darauf hinaus, dass wir würdig werden der Verheißungen Christi und durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen.
Diese Tatsache ist ein Grund mehr, warum wir Maria verehren sollen, einer der triftigsten Gründe übrigens, denn »was nützte es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, doch seine Seele dafür lassen müsste« (Mt. 16.26). Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

(Aus: Quardt, P. Robert, Maria Maienkönigin, Lins-Verlag Feldkirch 1961, S. 44 ff.)

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